Mit Abscheu habe ich die antiarmenische „Turkishpress“-Veröffentlichung
„Armenischer Rassenwahn und Antisemitismus“ vom 24. April 2013 zur Kenntnis
nehmen müssen (http://www.turkishpress.de/de/news/24042013/armenischer-rassenwahn-und-antisemitismus/4743). Gegenstand des Artikels sind angebliche neofaschistische
Aktivitäten in der Republik Armenien wie innerhalb der armenischen Diaspora,
Phänomene, die – ohne dass hierfür irgendein Beleg angeführt würde – als
zumindest für erhebliche Teile der armenischen Gesellschaft repräsentativ
dargestellt werden:
„Neonazis haben in Armenien ein relativ leichtes Spiel, Anhänger zu finden. Mit
der Türkenkarte kann man einerseits die antitürkische Haltung innerhalb der
Gesellschaft durch die armenische Diaspora, bedingt durch Bergkarabach und dem
sogenannten Völkermord, ausspielen [...]“
Auf diese Weise demonstriert, ausgerechnet am 98. Jahrestag des jungtürkischen
Völkermordes an den Armeniern, Aramäern/Assyrern und Pontos-Griechen, der
„Turkishpress“-Autor Akin Ruhi Göztaş seinen rasenden Hass auf die armenischen
Überlebenden dergestalt, dass er die berechtigte Forderung nach Anerkennung der
historischen Tatsache des Genozids am armenischen Volk 1915/16 allen Ernstes
als neonazismuskompatibel verunglimpft. Tatsächlich sind es jedoch er und
seinesgleichen, die – gleich den Leugnern oder Verharmlosung der Shoah – in
ihrer Hetze gegen das öffentliche Gedenken eines Genozids die Einheit des
Menschengeschlechts substantiell in Frage stellen.
Den verlogenen Gestus des 'antirassistisch' Engagierten teilen sie dabei mit
all jenen wackeren Kämpfern gegen vermeintlichen zionistischen „Rassismus“, die
sich gern auch einmal auf die Expertise des einstigen deutschen SS-Angehörigen
Günter Grass berufen. Erinnern wir uns daran, dass nicht unter armenischer,
sondern unter türkischer Flagge ein Mob von radikalen Islamisten, türkischen
Neofaschisten und sog. „Linken“ im Mai 2010 versuchte, in Gestalt der
Mavi-Marmara-„Friedensflottille“ illegal die israelische Gazablockade zu
durchbrechen. Die Fratze des türkischen
Nationalchauvinismus, wie er im deutschsprachigen Raum nicht zuletzt durch
„Turkishpress“ hervorragend vertreten ist, zeigte sich damals in der
staatsoffiziellen Solidarisierung der Türkei mit einem gewalttätigen Mob, der keinen
Zweifel daran ließ, dass er nicht nur jeden lebenden Armenier, sondern auch
jeden lebenden Juden als nicht hinnehmbare Provokation seines Türkentums sieht.
Göztaş behauptet: „Die Etablierung von nationalsozialistischen Gedankenguts ist
jedoch kein neues Phänomen der Neuzeit, reicht bis zum Zweiten Weltkrieg
zurück, taucht jedoch jetzt in neuem Gewand wieder auf.“ Somit versucht er den
Eindruck zu erwecken, dass Armenien nicht nur (wie von ihm behauptet)
gegenwärtig, sondern auch in den 1930er und 1940er Jahren in besonderem Maße
für faschistische Agitation 'anfällig' gewesen sei. Lassen wir diesem
Verleumder gegenüber, der aus Völkermordopfern Beteiligte an einem (anderen)
genozidären System zu machen trachtet, die historische Wahrheit zur Geltung kommen.
Im vierzehnten Teil seiner unregelmäßigen Serie aus Anlass des deutschen
Überfalls auf die Sowjetunion „Der dritte Weltkrieg“ (KONKRET, 4/2013, 38 f.)
geht Erich Später auch auf die Situation der Armenier nach dem 22. Juni 1941
ein:
Die Missak Manouchian Gruppe - Held der Résistance |
„In eine besonders gefährliche Situation gerieten die Armenier, da sie in den
Augen der NS-Rassentheoretiker eine enge Verwandtschaft zu den 'Semiten'
aufwiesen. Der ihnen nachgesagte Hang zum 'parasitären Handel' wurde auf eine
starke 'jüdische Rassemischung' zurückgeführt. Diese potentiell tödliche
Einschätzung der NS-Ideologen wurde verstärkt durch die Loyalität der
armenischen Bevölkerung zur Sowjetunion. Nicht nur in der armenischen
Sowjetrepublik, sondern auch in Exilkreisen wurden Befürchtungen über einen
möglichen türkischen Angriff auf die Sowjetunion geäußert, als dessen Folge man
die völlige Ausrottung des armenischen Volkes befürchtete. Die 1941/42
aufgestellten armenischen Milizen und Selbstschutzverbände ersetzten teilweile
die regulären Verbände der Roten Armee an der sowjetisch-türkischen Grenze.
Diese Einheiten verstärkten im September und Oktober 1942 schließlich die
Frontlinie im Nordkaukasus.“
Am 9. Mai dieses Jahres werden wir gemeinsam mit den Armeniern den 68.
Jahrestag des Sieges auch Sowjetarmeniens im Großen Vaterländischen Krieg und
den 21. Jahrestag der Befreiung von Shushi (Bergkarabach) von
aserbaidschanischer Fremdherrschaft feiern. Den Sieg der Gerechten über den Faschismus.