In einer am 19. Januar 2008 gehaltenen „militärpolitischen Grundsatzrede“ bemerkte Machmut Achmetowitsch Garejew, Präsident der Akademie für Militärwissenschaften Russlands, dass „die gesamte westliche Demokratie weit von dem entfernt ist, was dieser Begriff ursprünglich enthielt“. Ein Blick auf die Entscheidungsfindungsprozesse hinsichtlich der „Zypern-Rettung“ erscheint kaum als geeignet, diesen Befund zu widerlegen.
Zu den Leidtragenden der „Rettung“ Griechenlands gehörten die beiden größten zypriotischen Banken, die das bei ihnen angelegte Kapital großenteils in Staatsanleihen Griechenlands angelegt hatten und daher aufgrund des Schuldenschnitts zulasten von dessen Gläubigern Milliardenverluste in einem Ausmaße zu verzeichnen hatten, dass „die größte Bank Zyperns beinahe und die zweitgrößte vollständig in die Pleite“ gingen (Claus Peter Ortlieb, Gerechtes Scheitern? Die ‚Zypern-Rettung‘ und das neue Paradigma der europäischen Krisenverwaltung, KONKRET 5/13).
Das der Republik Zypern durch die „Troika“ aus IWF, EZB und Europäischer Kommission oktroyierte „Modell“ der „Rettung“ stellt – abgesehen von dem antidemokratischen Charakter seiner Durchsetzung – einen in der Geschichte der bürgerlichen Demokratien präzedenzlosen Eingriff in gesetzlich garantierte individuelle Eigentumsrechte dar: Während nur ein (kleinerer) Teil der für die Bankenrettung für erforderlich gehaltenen Gelder „von außen“ zur Verfügung gestellt werden, soll der zypriotische Staat dazu genötigt werden, Spareinlagen der Gläubiger über hunderttausend Euro der in verheerender Weise durch die Ruinierung Griechenlands betroffenen Banken mit einer Zwangsabgabe von 40 bis 60 % zu belegen. Alarmierend auch für eine breitere gesamteuropäische Öffentlichkeit wirkte der Umstand, dass anfangs ins Auge gefasst wurde, selbst Spareinlagen unter hunderttausend Euro in den Plünderungsfeldzug miteinzubeziehen. Der Shooting Star des britischen Souveränismus, Nigel Farage, Vorsitzender der UK Independence Party, sprach sich im März 2013 gegen jedwede Investitionen in der Euro-Zone aus, denn diese werde „jetzt von Leuten regiert, die weder Demokratie noch Rechtsstaatlichkeit respektieren, noch die Grundsätze achten, auf denen die westliche Zivilisation basiert“.
Unmittelbar zuvor hatte das zypriotische Parlament einstimmig das EU-Diktat abgelehnt. Wenige Wochen später, nachdem die Mitte-Rechts-Koalitionsregierung Zyperns, deren Parteien über eine knappe Mehrheit im Parlament verfügen, davor gewarnt hatte, das Land würde im Falle einer Ablehnung vor einem Kollaps stehen, stimmte das Parlament jedoch einer modifizierten Fassung des „Hilfspakets“ zu. Somit führte die Strategie der Legitimierung quasi exekutivstaatlicher Oktrois „systemrelevanter“ Entscheidungen durch deren post festum Absegnung durch die betroffenen Volkssouveräne wieder einmal beim zweiten Anlauf zu einem „Erfolg“. Erinnert sei an dieser Stelle daran, dass vor fünf Jahren – im Juni 2008 mit Irland das einzige Land, in dem der Volkssouverän direkt über den EU-„Reformvertrag“ abstimmen konnte, diesen Vertrag zunächst ablehnte – bis vier Monate später die Regierung „aufatmen“ (DIE ZEIT) konnte, als ein erneutes Referendum zum gegenteiligen Ergebnis führte.
Die Krone setzte dem rechtsnihilistischen Umgang der EU-Organe mit einem EU-Mitgliedstaat die Initiative von MdEP Daniel Cohn-Bendits auf, „angesichts der Europawahlen 2014 zwei Beobachter als Vertreter der türkisch-zypriotischen Gemeinschaft ins Europaparlament einzuladen“. Wenngleich der entsprechende Antrag im EU-Parlament mit 412 gegen 135 Stimmen abgelehnt wurde, führt der Umstand, dass ein nicht unerheblicher Teil der Europaparlamentarier bereit ist, nach dem Vorbild der völkerrechtswidrigen Anerkennung der „Republik Kosovo“ in dem Staatsterritorium der Republik Serbien die territoriale Integrität eines bereits 2004 der EU beigetretenen Landes offiziell zu negieren, in drastischer Weise die Nichtexistenz einer „Werte- und Interessensgemeinschaft“ EU (Joseph Martin Fischer) vor Augen.
Daniel Leon Schikora
* Erstveröffentlicht in: EUROjournal, 2/2013, 3-4.
Man sollte sich immer wieder bewusst machen, dass die gesamte EU-Bürokratie nur dem einen Zweck dient, den durch die Gemeinschafts”währung” Euro erzeugten, zahlreichen Negativsymptomen der Zinsumverteilung zwischen den EU-Mitgliedsstaaten durch eine Flut von Gesetzen und Verordnungen entgegenzuwirken, bzw. diese unter der Oberfläche zu halten.
AntwortenLöschenOhne die Gemeinschafts”währung” wäre die gesamte EU-Bürokratie überflüssig. Es handelt sich also um nichts weiter als ein groß angelegtes Beschäftigungsprogramm für ansonsten in einer Zinsgeld-Ökonomie arbeitslose Bürokraten – was gleichzeitig impliziert, dass sich die Bürokraten selbst dieser Zusammenhänge nicht bewusst sind.
Die beteiligten Bürokraten glauben, sie befänden sich auf einer Art “Friedensmission”, ohne auch nur im Ansatz zu begreifen, was eine echte Währung ist und woraus Kriege wirklich entstehen:
Krieg oder Frieden