Die Türkei kommt nicht zur Ruhe.
Ministerpräsident Erdoğan ändert sein Kabinett, Minister werden
ausgetauscht und Rochaden beginnen. Loyalisten von Erdoğan auf der einen Seite und Gülenisten, Polizisten und Staatsanwälte
auf der anderen Seite. Der neue Tiger am Bosporus wandelt sich in
eine Wildkatze auf der Jagd nach ihrem eigenen Schwanz.
Kommt das System der AKP ins Wanken?
Nicht die Gezi Proteste im Frühjahr
2013 mit tausenden von Verletzten, ausgeschossenen Augen, zu Krüppeln
gemachten Bürgern, ins Feuer geschmissenen Demonstranten oder die
Toten sind Auslöser des schweren politischen Erdbebens, dass die
Türkei erlebt. Nicht die politischen und polizeilichen
Unterdrückungsmaßnahmen der Post-Gezi Ära konnten die Partei der
Reinheit (AKP) ernsthaft ins Wanken bringen. Es war die Ankündigung
die Rekrutierungs- und Finanzzentren der Gülen-Gemeinde zu
schließen. Diese Zentren, also eigentlich zur Bildung vorgesehenen
Nachhilfezentren, sind die Arterien der Gülen-Gemeinde. Human
Resources werden hier gefunden, weiße Blutkörperchen und
Antikörper im Leviathan. Die Gülen-Gemeinde, die sich lieber als
lose Bewegung darstellt, hat ihre Soldaten in den Kampf geschickt.
Gülen verneint zwar hinter den aktuellen Razzien zu stehen, aber glaubhaft hört sich das nach den Gesamtumständen nicht an.
Dazu passt auch die langfristige
Strategie der Gülen Gemeinde nicht, irgendwie moderner und nicht so
autoritär wie Erdoğan zu wirken. Bis hierhin waren sie Alliierte. Die Reinigung des Staatsapparates von den alten Kemalistischen Eliten
wurde gemeinsam getragen und vollzogen. Journalisten und Polizisten (Hanefi Avci) die über
die Gülen-Gemeinde berichteten wurden kalt gestellt, autoritär und
kompromisslos. Ein Ergenekon Prozess losgetreten und hunderte
Menschen, hochrangige Militärs, verhaftet. Die Dogan-Mediengruppe
wurde in Teilen der AKP zugeeignet.
Bisher wurde die mangelnde institutionelle Gewaltenteilung im Ausland kaum thematisiert, weil politische Prozesse mit dem Argument der Unabhängigkeit der Justiz gerechtfertigt wurden und Harmonie innerhalb der Staatsorgane herrschte. Aber jetzt, wegen einer Bildungsmaßnahme, der Verstaatlichung von „Dershanes“, ist die Autorität Erdoğans nicht mehr en-vogue und ertragbar für die Gemeinde?
Bisher wurde die mangelnde institutionelle Gewaltenteilung im Ausland kaum thematisiert, weil politische Prozesse mit dem Argument der Unabhängigkeit der Justiz gerechtfertigt wurden und Harmonie innerhalb der Staatsorgane herrschte. Aber jetzt, wegen einer Bildungsmaßnahme, der Verstaatlichung von „Dershanes“, ist die Autorität Erdoğans nicht mehr en-vogue und ertragbar für die Gemeinde?