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Montag, 29. Dezember 2014

CDU NRW: Etikettenschwindel aufgeflogen

Die CDU versucht sich seit den 1990ern mittels ihrer Sonderorganisation Deutsch-Türkisches Forum (DTF) als Partei der sog. "konservativen" Türken zu etablieren. Mit "konservativ" sind im eigentlichen Sinne die nationalistischen und rechtsradikalen Türken gemeint, denn was für die SPD die linksnationalistischen Kemalisten waren, sollten für die CDU die rechtsradikalen Grauen Wölfe und die islamistische Milli Görüs sein. 
Armenier, Kurden, Aleviten, liberale Türken - Nicht willkommen! Denn deutsche Integrationspolitik hängt, nach der CDU, zugleich mit der deutschen Außenpolitik zusammen. Offenkundig werden die vielen Bürger mit "Migrationshintergrund" noch in der 2. und 3. Generation in Deutschland als "auswärtige Angelegenheit" behandelt. Die Sensibilitäten gegenüber Ankara verbieten daher einer staatstragenden Volkspartei, wie die CDU bisher eine war, einen offenen Umgang mit diesen demokratischen Gemeinschaften aus der Türkei, die für ihren Einsatz für Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit Diskriminierung, Verfolgung und Unterdrückung ausgesetzt sind. 

Erst nachdem eine öffentliche Diskussion - von eben jenen Liberalen angestoßen - die Liebesaffäre der CDU mit rechtsradikalen und islamistischen türkischen Kreisen aufdeckte, kam Bewegung in die Partei, insbesondere in die CDU NRW. Diese entschloss sich ihre Liebesbeziehung Mitte 2014 mit einem Etikettenschwindel zu versehen, indem sie das DTF kurzerhand in die neue Schnapsorganisation der CDU, die unter dem Namen Union der Vielfalt (UdV) firmiert, transformieren wollte. 

Die Rechnung wurde nur ohne den Wirt gemacht. Die DTF'ler wollen ihre Sonderorganisation nicht auflösen und wehren sich dagegen. Denn, warum sollten sie ihre türkische Sonderorganisation in der CDU aufgeben? Die UdV ist lediglich eine zweite Organisation quasi in Personalunion, bei der die UdV applaudieren kann, sobald das DTF sich zu einem Thema äußert und umgekehrt.

Der Etikettenschwindel flog bei soviel Krach natürlich auf. Vielleicht sollte sich die CDU NRW bei der SPD abgucken, wie man Integrationspolitik durch eine kluge Personal- und Themenpolitik betreiben kann. Bedauerlicherweise ist sie aus sich heraus nicht in der Lage dazu. 

"Doch Recherchen der "Welt" ergeben, das beim Übergang vom DTF zur UdV einiges seltsam gelaufen ist. Das DTF ist ein halbes Jahr nach der Gründungsveranstaltung nicht aufgelöst. Es wurde bisher kein Auflösungsbeschluss gefasst, dem immerhin drei Viertel der rund 300 Mitglieder zustimmen müssten. Die UdV wurde zwar, wie berichtet, im Sommer offiziell gegründet, doch es existiert noch keine gültige Satzung. Die UdV besitzt noch keine eigene Homepage, sondern verbreitet ihre Mitteilungen im Internet über die DTF-Plattform."
Die Tücken bei der "Mission Migrant" der CDU
http://www.welt.de/politik/deutschland/article135783097/Die-Tuecken-bei-der-Mission-Migrant-der-CDU.html

"Integration macht jedoch nur Sinn auf der Basis von Werten. Gerade die Gesprächspartner von Frau Giousouf zeigen aber, dass manche muslimische Akteure, die hierzulande als Sprecher eines europäischen Islam auftreten, andernorts Terror, Entrechtung und ethnische Säuberungen befördern. Wer diese Widersprüche hinnimmt, legitimiert die Falschen – nämlich jene, die die Hoffnung enttäuschen, dass sich aus gemäßigten Islamisten demnächst aufgeklärte Konservative entwickeln, wenn man sie nur einbindet."
Islamistische Terrorhelfer sind nicht integrierbar
http://www.welt.de/debatte/kommentare/article135810775/Islamistische-Terrorhelfer-sind-nicht-integrierbar.html

Donnerstag, 11. Dezember 2014

Unser Verlust ist groß - Wir trauern um unseren Freund Ralph Giordano



Unser Verlust ist groß – Wir trauern um unseren Freund Ralph Giordano

"Die Welt hat heute Morgen keine Ähnlichkeit mehr mit der von gestern.“ Diese bewegenden Worte stammten vom jungen armenischen Wissenschaftler Dr. Mihran Dabag, die er am Tag nach der Ausstrahlung der Dokumentation "Die armenische Frage existiert nicht mehr" am 21. April 1986 im ARD an Ralph Giordanos richtete. Es war bis dahin die erste Dokumentation überhaupt zu diesem Thema gewesen. Sie veränderte das armenische Leben in Deutschland. Ralph Giordano hatte ein Tabu gebrochen. 

Er hatte sich nicht von den Morddrohungen einschüchtern lassen und dem immensen Druck nachgegeben, der seitens türkischer Rechtsradikaler und 30 000 demonstrierender nationalistischer Türken gegen ihn und den WDR ausgeübt wurde. Er hatte sich nicht den Versuchen des türkischen Konsulats und Ankaras gebeugt, die Sendung aus dem Programm zu nehmen. Seine Menschenliebe, sein Gerechtigkeitsempfinden und sein unermüdlicher Einsatz für verfolgte Gemeinschaften ließen keinen Kompromiss, kein Nachgeben, kein sich beugen vor dem Unrecht zu. 

Geprägt durch seine Verfolgungserfahrungen als Jude durch die Nationalsozialisten wurden der Antisemitismus und Rechtsradikalismus seine Lebensthemen, die er in seinen autobiografischen Werken "Die Bertinis", und „Erinnerungen eines Davongekommenen“ der Nachwelt vermachte. 

Anteil nahmen wir aber auch an seiner Lebensfreude, seiner steten Neugier und seiner Liebe zu Tieren u.a. in seinem literarischen Werk „Der Wombat“. 

Ralph Giordano war eine moralische Instanz, ein Freund des armenischen Volkes und ein unermüdlicher Streiter für die Verfolgten und Unterdrückten dieser Welt. Sein größter Wunsch war es zum 100. Jährigen Gedenken des armenischen Genozids im nächsten Jahr in der Paulskirche am 24.April 2015 sprechen zu dürfen. 

Er verstarb gestern am 10.12.2014 im Alter von 91 Jahren. Unsere Trauer und unser Schmerz sind groß. Doch in unseren Herzen und in der Erinnerung der armenischen Gemeinschaft in Deutschland wird er ewig weiterleben. 

In stiller Trauer.

Dr. Nazareth Agheguian             RA'in Madlen Vartian
Vorsitzender                                     Stv. Vorsitzende




Mittwoch, 10. Dezember 2014

In memoriam Ralph Giordano


Heute verstarb mit Ralph Giordano (* 1923) ein Autor, der sich in herausragender Weise sowohl um eine kritische öffentliche Auseinandersetzung mit der weitgehenden juristischen und politischen Nichtaufarbeitung des Kriminalitätskomplexes der Genozidverbrechen Nazideutschlands in der Bundesrepublik Deutschland, als auch um das Gedenken des Genozids an den Armeniern in Anbetracht der türkisch-nationalistischen Politik der Leugnung verdient gemacht hat.* Im folgenden sei aus Anlass des Todes des streitbaren Demokraten und Antifaschisten ein Kommentar zur Beteiligung Giordanos an einer religionspolitischen Kontroverse des Jahres 2007 dokumentiert.

„Ich werde auch weiterhin auf meiner kulturellen Selbstbestimmung beharren, auf einer Lebensform, die die meine ist und die in mannigfacher Hinsicht mit der muslimischen nicht übereinstimmt. Und ich will das sagen dürfen, unbehelligt. Ich will sagen dürfen, dass ich auf deutschen Straßen weder Burka noch Tschador begegnen will, so wenig wie Muezzin-​Rufe von haushohen Minaretten hören.“

Diese Worte stammen nicht aus dem Munde eines völkischen Romantikers oder eines Klerikalkonservativen. Vielmehr stammen sie von dem deutsch-​jüdischen Schriftsteller Ralph Giordano, der in der deutschen Öffentlichkeit bisher mit dem Anliegen einer kompromisslosen Aufklärung über die Völkermorde der Nazis assoziiert wurde.

So prangerte Giordano etwa in seiner Buchveröffentlichung „Die zweite Schuld oder Von der Last Deutscher zu sein“ (1987) das weitgehende Fehlen einer adäquaten Ahndung nationalsozialistischer Gewaltverbrechen durch die Justizorgane der Bundesrepublik Deutschland und den Rückgriff auf Funktionseliten des „Dritten Reiches“ in die Apparate der Exekutiv– und Legislativorgane des demokratisch reorganisierten (West-)Deutschland an, verschwieg aber auch nicht die geschichtspolitisch fatalen Auswirkungen des (...) „verordneten Antifaschismus“ der DDR.

Was weniger bekannt sein dürfte: Insbesondere in den 80er Jahren engagierte sich Giordano vehement für eine Aufklärung der bundesrepublikanischen Öffentlichkeit über den von der osmanischen Staatsführung ausgehenden Völkermord an den Armeniern 1915/​16, was dem zivilcouragierten Autor seitens türkischer Nationalisten wüsteste, antisemitische Beschimpfungen bis hin zu Morddrohungen eintrug.

Genau dies wiederholte sich nun im Zusammenhang mit Giordanos kritischen Stellungnahmen zu einem geplanten Repräsentativbau einer Moschee in Köln-​Ehrenfeld mit zwei 55 Meter hohen Minaretten – ein von allen etablierten kommunalpolitischen Kräften des sogenannten „Verfassungsbogens“ (Edmund Stoiber) kritiklos mitgetragenes Projekt, das Giordanos Auffassung nach eine Integration der Muslime vortäusche, die tatsächlich nicht gelungen sei:

„Meine Forderungen an die politische Leitung der Stadt Köln, die Pläne zum Bau einer zentralen Großmoschee in Köln-​Ehrenfeld einzustellen, weil sie angesichts der gescheiterten Integration ein falsches Bild von den wahren Beziehungen zwischen muslimischer Minderheit und Mehrheitsgesellschaft entwerfen, haben mir Morddrohungen eingebracht, unmissverständlich und in türkischer Sprache – womit ich diesen Teil der muslimischen Minderheit nicht unter Generalverdacht stellen will.“

Der islamische Ansprechpartner der städtischen Behörden beim Bau der Großmoschee ist die Türkisch-​Islamische Union (Ditib), die unter der Kuratel der – ursprünglich säkularistisch ausgerichteten, mittlerweile jedoch „fundamentalistisch“ durchsetzten – Religionsbehörde des türkischen Staates, Diyanet Isleri Baskanligi, steht.

Der Moscheebau-​Kritiker Giordano hat sich (...) aus multikulturalistischer Sicht des Vergehens schuldig gemacht, aus der „ethnischen“ Nische, die man hierzulande einem überlebenden Juden gern zugesteht, herauszutreten und als deutscher Bürger Partei zu ergreifen (...). In diesem Sinne verwies der Kölner CDU-​Oberbürgermeister Fritz Schramma expressis verbis auf das Verfolgtenschicksal Giordanos, um sein Unverständnis über dessen islampolitischen Standpunkt zum Ausdruck zu bringen, nach der Devise: Wem die Nazis das Recht auf Leben absprachen, der muss aus der Geschichte lernen – und islamistische Herrschaftsansprüche unterstützen.

Daniel Leon Schikora

* Die Jüdische Allgemeine würdigt ihren dienstältesten Kollegen Giordano hier: http://www.juedische-allgemeine.de/article/view/id/20981.